Emotional Band

FALCO Convention | 13.9.2019
Eindrücke von der FALCO-Convention am Austria Campus Wien (13.9.2019) 

Bella Wagner / Martin Böhm

In Sachen FALCO entpuppt sich der Monat September immer mehr als der kleine Bruder vom Feber. In zeitlicher Distanz zu den falconischen Jahrestagen im Winter spüren sich FALCO-Tribute-Veranstaltungen im Spätsommer ganz anders an. Man ist losgelöst vom Nimbus der Erinnerung und muss IHN weder beweinen noch hochjubeln. Genau das eröffnet ein freies Feld, in dem das Werk des Meisters in lockerer Form lebendig wird…

Ein bisserl war es am Freitag, dem Dreizehnten so, als wäre ER gerade in der Karibik auf Urlaub und würde aus der Ferne die lapidare Botschaft ausrichten lassen: „Sog ihnen, i bin ned do. Hob leider ka Zeit. Oba mochts ihr des!“ Oder so. Dieser Sanktus steht unumstritten im Raum, sobald man sich an das Falco-Repertoire heranwagt und keine übernatürlichen Gegenkräfte den Auftritt verhindern. Die besten Voraussetzungen also für den Frontman, Mastermind und Anchorman der FALCO-Convention Martin Böhm, der beim Open Air im Rahmen des Bank-Austria-Festes in multifunktioneller Weise locker durch das Programm geführt hat.

Bild: Tom Unger
Martin Böhm, Frontman der FALCO-Convention

Man erlebt den „jungen Böhmer“ nicht nur als Sänger und Moderator, sondern immer auch ein bisserl als Charmeur, Schlitzohr  und Schmähführer. Er singt, moderiert und kokettiert zugleich mit einer Situation, die er sich wohl nie hätte träumen lassen: selbst der Frontman in Sachen FALCO zu sein. Und genau diese latent selbstironische Haltung macht ihn allein schon sympathisch. Man erwartet keinen FALCO. Und man bekommt ihn auch nicht. Und trotzdem.

Der Gig war getragen von einer entspannten und zugleich angenehm eingespielten Band, die sich aus Szene-Bekannten wie auch aus ehemaligen Falco-Bandmitgliedern zusammensetzt: Bernhard Rabitsch (tp, voc, perc), Otmar Klein (sax) und Peter Paul Skrepek (git) von der Original Falco Band sowie Harry Sokal (sax), Clemens Hofer (Posaune), Rue Kostron (b), Peter Barborik (dr), Barnabas Juhasz (kb).

Bild: Tom Unger

Die starke Line-Up wurde auch diesmal solistisch ergänzt von der Ausnahme-Erscheinung Bella Wagner, die sowohl gesanglich, stimmlich, gestisch wie optisch das scharfe FALCO-Register zu einem heißen Kunstwerk performt. Ihre Präsenz gibt jeder FALCO-Nummer eine erotisch-hypnotische Prägung, die vermutlich nur ER selbst zu toppen wüsste. Man sieht und hört und fragt sich… nichts mehr. Da hat man keine Fragen mehr. „Brillantin Brutal“ in Persona, ist auch einer der Songs, der von ihr performt wird. Prädikat: delikat.

Bella Wagner live on stage

Am Programm stand in Summe ein 90-minütiger Reigen der vordergründig bekannten Falco-Songs: Auf der  Flucht, Zu viel Hitze, Ganz Wien, Emotional, Roemer, Brillantin Brutal, Wiener Blut, aber auch Entlegeneres wie „Verdammt wir leben noch“, natürlich der Kommissar, natürlich Amadeus, Baby Blue im l’amoureusen Duett mit Bella sowie die Helden zum furiosen Finale.

Dabei durfte man beim Zuhören nicht zimperlich sein, denn im 21. posthumen Jahr nach Hans Hölzel lädt das Werk FALCOs nicht nur zum original-getreuen Interpretieren, sondern auch zum musikalischen Experimentieren ein. Die FALCO-Convention-Band geht dabei einen Weg, der all das integriert, wozu Falco selbst nicht mehr gekommen ist: funkige, jazzige, rockige aber auch höchst virtuose Elemente. Solistische Schmankerl für die Musiker. Die Songs wurden v.a. von Peter Paul Skrepek aufgedröselt, umarrangiert und neu interpretiert. All das hat Platz im Oeuvre dessen, der nur mehr als Spirit mitwirken kann. Hier also wirklich: Phasenweise „ein ganz neues Rockerlebnis“.

Der Produktion fehlt also gar nichts außer einem. IHN selbst. Die „Convention“ war die erste FALCO-Tribute-Produktion, die ihn selbst über Video-Zuspielungen als lebendigen Teil des Ensembles mitwirken ließ. Dabei war seine Präsenz enorm. Mit jeder Sekunde, in der FALCO live ins Bühnengeschehen eingeblendet wurde, entstand eine magische Atmosphäre, die nicht nur sein Charisma versprühte, sondern den Raum mit einer speziellen Energie aufgeladen hat. Das Zusammenspiel mit ihm von „outside“ war ein Garant für das berühmte Gänsehaut-Feeling.
Dieser kostbare Mehrwert mag urheberrechtlich mittlerweile einen unbezahlbaren Preis haben, aber auf IHN zu verzichten, hinterlässt eine Lücke, die den magischen Zauber schmerzlich vermissen lässt, auch wenn seine Songs von der besten Falcoband der Welt auf ihn verweisen.

Die FALCO-Convention ohne FALCO führt also zu neuen Ufern, nämlich einer zu Tribute-Generation, wo nicht mehr ER seine Songs, sondern seine Songs etwas Neues erzählen. Zugegeben, dieser Perspektivenwechsel ist gewöhnungsbedürftig. Für viele tritt damit der Satz in Kraft, der in den letzten Jahren schon zu einem eigenen Klischee geworden ist, aber jetzt in Ansätzen im Raum steht: FALCO, du fehlst.

Text: Amadea S. Linzer
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Es hat vor ihnen Falco gegeben, es hat mit ihnen Falco gegeben und es wird nach ihnen Falco geben.“
Hans Hölzel, 1988

Donauinsel 1993