Was überbleibt, ist original
Eine Annäherung an FALCO-Texte
Er war Popstar. Keine Frage. War höchst talentiert, exaltiert, seiner Zeit um Lichtjahre voraus. Sein Tempo war enorm. Die Fallhöhe hoch. Die Wirkung groß. So groß, dass sie mittlerweile bereits die dritte Generation inspiriert – in Musik, TV, Musical, Literatur, Kunst, Fotografie bis hin zu Neuen Medien.
Wenn Falco seinerzeit meinte, dass er „keine Message“ hätte, dann lag es wohl daran, dass er selbst zu Lebzeiten weit davon entfernt war, seine Wirkung als Impulsgeber selbst einzuschätzen. Wie hätte er auch. Solange man mitten im Leben steht, fehlt die Distanz. Die Wirkung zeigt sich erst im Nachhinein. Niemand hatte geahnt, dass das abrupte physische Ableben des Hans Hölzel am 6.2.1998 zugleich einen so fulminanten Höhenflug des Falken auslösen würde.
FALCO – spirit alive
Betrachtet man die Vielzahl der Remixes, Cover-Versionen, aber auch die TV-Dokus, den Kinofilm, die Biographien, Gemälde, Musicals bis hin zu ganz neuen Falco-Interpretationen, so zeigt sich, dass sich seine Wirkung erst nach seinem Tod so richtig entfaltet hat. Das heißt: Hans Hölzel ist tot. Falco lebt umso mehr. Man könnte meinen, er sei nach wie vor höchst aktiv – nur eben von einer „höheren Warte“ aus, im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Inspirationskraft macht vor keinem Genre Halt. Ob gesungen, gerappt, gespielt, gemalt… oder gelesen. Die Welle rollt und rollt. Kein Ende in Sicht.
FALCO – Der Texter
Als Popstar war Falco weltbekannt. Als Poet zu Lebzeiten weitestgehend unerkannt. Die sprachliche Genialität war dem Ur-Wiener genauso angeboren wie die Musikalität. Viele seiner inhaltlichen Ideen und Sprachkreationen blieben in seinen privaten Text- und Notizbüchern unveröffentlicht. Das wenige Sprachmaterial, das er stets unter massivem Selbstzweifel in seinen Songs verarbeitet hat, galt in den 80/90er Jahren noch für viele als unverständlich, abgehoben, gekünstelt. Man war den Stil- und Sprachenmix noch nicht gewöhnt. Mittlerweile haben Falco-Lyrics Kultstatus. Die Mischung der Sprachen, Dialekte wie auch Soziolekte und die zeitgleiche Selbstironie war nicht nur ein genialer Kunstgriff, sondern auch Ausdruck seines sprachlichen Talents und zugleich ein Vorgriff auf die heutige Sprachverwendung.
FALCO – Der Poet
Seine Art lautpoetisch zu texten reiht ihn in die Nähe der Wiener Avantgarde um H.C Artmann, Ernst Jandl, Gerhard Rühm (u.a.) ein. Diese Dichter waren es auch, denen er sich verbunden gefühlt hat. Leider war das poetische Werk von Hans stets dem enormen Erfolgsdruck der Falco-Songs untergeordnet. So blieb das Schreiben für ihn ein Mittel zum Zweck. Umso bemerkenswerter, dass seine Texte auch ohne Musik nicht nur einen eigenen Stil geprägt haben, sondern auch mehr als 30 Jahre nach ihrer Entstehung immer noch originell und vor allem manche jetzt in der Corona-Zeit erstaunlich aktuell wirken.
FALCO lesen
Freilich, die Songtexte der großen Falco-Hits sind unseren Ohren ja bestens vertraut. Die Vielschichtigkeit der Lyrics offenbart sich aber erst in gesprochenen Darbietung. Dabei ist es erstaunlich, welche Tiefe manche Texte erlauben, wenn man sich ganz ohne Sound auf die Worte und Wendungen einlässt. Abseits der bekannten Hörgewohnheiten offenbart sich hier viel eher ein emphatischer Poet als ein kalkulierender Popstar.
Man kann auf ganz unterschiedliche Art an Falco-Texte herangehen: sprachwissenschaftlich, lautpoetisch, kulturgeschichtlich, popmusikalisch, rhythmisch oder auch spirituell. Ja, auch das.
FALCO – heute
Wenn Falco sich heute, nach 25 Jahren selbst wieder zu Wort melden würde, dann höchstwahrscheinlich mit einem scharfsinnigen, weitblickenden, selbstironisch-kritischen und in all dem stets emotionalen Statement. Bestimmt hätte er etwas zu sagen, denn mundtot war Hans Hölzel nie. Vermutlich schon gar nicht jetzt zu dieser Zeit, wo so massive gesellschaftliche Veränderungen nach klaren Stellungnahmen aus Kunst und Kultur verlangen. An dieser historischen Schnittstelle, an der wir gerade stehen, fehlt seine Stimme umso mehr.
Was sagt uns Falco durch seine Texte dreißig Jahre danach, wenn seine Worte aus dem coolen Zeitgeist freigelegt werden?
Falco hatte sich ja immer wieder nach Gars am Kamp zurückgezogen, um sich abseits des Medienrummels zu erholen und neu inspirieren zu lassen. Die Texte für die Lesung im Zeitbrücke Museum Gars sind so ausgewählt, als hätte er sie persönlich für diesen Abend ausgesucht. Vereinzelt eingespielte O-Töne lassen die Erinnerung an ihn an diesem Abend hörbar lebendig werden.
Termine auf Anfrage
Kontakt: amadea[at]amadealiestfalco.at