FALCO – Ein poetischer Nachtflug
Gedanken nach der „Exaltierten Lesung“ vom Feldkirchner Ensemble
7.4.2018 | Amthof Feldkirchen (Kärnten)
Der junge Schauspiel-Impressario Robert Grießner (er war 1998 selbst 13 Jahre jung) hat sich im Gedenkjahr 2018 der Falco-Texte angenommen und gemeinsam mit der Schauspielerin Birgit Fuchs und der Pianistin Elisabeth Wulz ein literarisches Bühnenprogramm zu Ehren des Poeten FALCO inszeniert. Alleine das verdient bereits Applaus…
Der „poetische Nachtflug“ – so das Motto des Abends – führt die bekanntesten Falcotexte thematisch gegliedert in abwechselnden Rollen vor. Gelesen werden Ganz Wien, Zu viel Hitze, Monarchy Now, Europa, Auf der Flucht, Nachtflug, Charisma Kommando, Titanic, Les Nouevaux Riches, Skandal, Einzelhaft und Cyberlove. Dazwischen gibt es Zitate aus Interviews, kurze Textfragmente und Recherchiertes aus den Medienberichten. Das Textmaterial wurde nach einzelnen Themen ausgewählt, die das Leben von Hans Hölzel geprägten hatten. Dabei lag der Schwerpunkt auf den tiefliegenden Konflikten, die ihn durch die großen Erfolge einerseits und der unerfüllten Sehnsucht andererseits innerlich zerrissen haben. Man hat also nicht an der Oberfläche gekratzt, sondern sich einiges überlegt. Und wie das bei Falco so ist, führt der Weg schnell in die Tiefe.
So wurden die großen Falco-Themen zu Paketen geschnürt, die der Hauptdarsteller und seine Bühnenpartnerin im Zuge der Performance „aufgerissen“ und allerhand Lustiges und Unlustiges aus des Dichters Leben ans Licht gebracht haben. Inhaltlich nichts Neues. Dass aber dabei von Paket zu Paket auf der Bühne immer mehr Müll produziert wird, bis sich die Schauspieler letztlich auf einem riesigen Misthaufen wiederfinden, ist eine geniale Ironie der Inszenierung, die das Ensemble klug durchdacht hat.
Während des Auspackens wird gelesen, rezitiert, manieriert, gestikuliert, laut und leiser sonnenbebrillt performt, falconisch emotionalisiert und sogar in Ansätzen exaltiert, wie es zu einer Darstellung von FALCO’s Werk dazugehört. Der inszenierte Exzess anhand seiner Texte ist gar nicht so einfach, denn wenn aller Groove fehlt, bleiben nur des Popstars Worte. Und diese sind trotz Intercoolness und Überschmäh immer eine zutiefst emotionale Angelegenheit.
Diese ist dem Ensemble am meisten mit dem Tabu-Song Jeanny geglückt. Mit der Figur des möglichen Mädchenmörders hat Robert Grießner der falconischen Vorgabe eine Ebene hinzugefügt, die den tieftraurig, verletzten Hans mit dem unberechenbaren Triebtäter (der er nie war, wohlgemerkt) in einer berührenden Szene verschmelzen lässt. So gesehen ist die stärkste Eskalation des Abends zugleich ein ganz wortloser Moment, der sowohl den Falco-Kennern wie auch den ahnungslosen Zuschauern unter die Haut geht. Und nicht nur das. An dieser Stelle hätte auch ER Tränen in den Augen gehabt. Sure!
How to say, FALCO-Texte auf einer so fast familiär geführten Bühne wie dem Amthof Feldkirchen sind ein bisschen so wie Villacher Fasching im U4. Man will lachen und weinen zugleich. Dass sich der junge Robert Grießner um diesen „poetischen Nachtflug“ bemüht hat, das hätte dem Meister HIMSELF sehr gefallen. Und mehr noch. ER hätte den persönlichen Bezug zu seinen Texten mit einer einzigen Handbewegung unmissverständlich hergestellt, so dass kein Zweifel mehr geblieben wär.
Das Auffallende an der Produktion ist, dass sie ganz ohne O-Ton und mit Ausnahme des Plakatbildes auch ganz ohne Falco-Foto auskommt. Wer IHN also hier sehen will, muss auf die Auswahl der Texte schauen. Sie erzählen von der Zerrissenheit eines Sprachgenies, das selbst viel zu vielschichtig, scharfsinnig und klug war, als dass es sich auf eine Rolle festlegen ließ. Genau dieses Doppelspiel wird durch die Mitwirkung der Birgit Fuchs wunderbar aufgelöst. Sie verkörpert nicht nur das wandelnde Lustobjekt, sondern zeigt auch die Unnahbarkeit der Frauen, an der der verletzliche Hans selbst im Leben immer wieder zerbrochen ist.
Nach den vielen heiligen Gesängen, mit denen Falco im 20. Todesjahr gedacht wurde, ist diese Produktion eine angenehm bodenständige. Dass man auf das Muss-ich-denn-Sterben-Pathos gänzlich verzichtet, tut dem Spirit gut, weil irgendwann muss mit der Anbetung dann auch wieder Schluss sein.
Die Frage, ob ER von oben auch zugeschaut hat, ist mit einem glatten „nein“ zu beantworten. Und bitte WARUM NICHT? Weil ein Platz in der 1. Reihe leer geblieben ist. Scheinbar leer. Oder konntet ihr dort jemanden sehen…? Na eben. 😉
Oida. Und wer ihn jetzt nicht lachen hört, wird es nie kapieren.
Kennt’s eich aus. ?
Applaus. Applaus!!
Text: Amadea S. Linzer
Für weitere Termine & Infos => Feldkirchner Ensemble